Herr Achammer, warum sind Sie Architekt geworden?
Weil ich das Gefühl hatte, mit dieser Arbeit die Welt positiv verändern zu können.
Gab es ein besonderes Highlight in Ihrer Karriere?
Eines der Leuchtturmprojekte für ATP architekten ingenieure und auch für mich persönlich war die erste Halbleiterfabrik für Siemens, heute Infineon, am Standort Dresden, die in knapp 15 Monaten geplant und gebaut wurde. Das war in meinen ersten Jahren als Architekt.
ATP wurde 1951, im selben Jahrzehnt wie HELLA, in Innsbruck gegründet. Was macht ATP zu einer Tiroler Erfolgsgeschichte?
Ich glaube, es sind vorrangig die Wurzeln unserer Familie. ATP ist in der Generation meines Vaters und in meiner Generation außerhalb von Tirol erfolgreich geworden. Wir sind ein erweitertes Familienunternehmen und als solches nicht nur finanzgesteuert, sondern wertegesteuert. Ich denke, dies ist ein wesentlicher Aspekt unseres Erfolges.
Sie waren an der Technischen Universität (TU) Wien tätig. Was hat Sie motiviert, sich zusätzlich in der Forschung und Lehre zu engagieren?
Ich war 20 Jahre lang Professor für Integrale Planung und Industriebau an der TU in Wien. Das Institut war mir wie auf den Leib geschrieben. Denn hier konnte ich jene Kompetenz, die ich meiner Meinung nach am besten beherrsche, weitergeben. Ich habe mir immer gewünscht, etwas von dem Glück, das ich in meinem Berufsleben erfahren durfte, an die Gesellschaft zurückzugeben. Die Berufung an die Technische Universität war eine besonders schöne Möglichkeit, das zu tun.
Also hat sich dieser Wunsch erfüllt?
Er hat sich absolut erfüllt und das nicht nur uneigennützig. Es war nicht nur ein Geben, sondern auch ein Nehmen von einem unglaublich bereichernden Austausch mit fast zwei Generationen Studierenden, die ich begleiten durfte.Wie wichtig ist Ästhetik im Industriebau?
Ein Industriebau ist in den seltensten Fällen ein Wahrzeichen in einer Landschaft und das soll er auch nicht sein. Das darf Architektur in meinen Augen sowieso nur in ganz besonderen Ausnahmefällen sein. Ein Gebäude muss wesentlich mehr können. Es muss einerseits schön und funktional sein, aber es muss andererseits auch mit einem Minimum an Materialeinsatz ein Maximum an Ergebnis produzieren. Das nennen wir heute Nachhaltigkeit.
Sie sind mit ATP wie auch HELLA Kooperationspartner des dualen Studiums "Smart Building Technologies". Warum ist diese neue Ausbildungsform ein Schritt in die richtige Richtung?
Es ist ein Beitrag dazu, an das Planen eines Gebäudes ganzheitlich heranzugehen. Wenn man will, dass Gebäudetechnik von einem Team aus Architekten und Bauingenieuren bereits in der Planung integriert wird, dann muss man diese Disziplin auch dementsprechend ausbilden. Dies gilt besonders in der Architekturausbildung, da Architekt:innen den Gesamtprozess der Planung führen sollten. Aber eben nicht so, dass ein Haus entworfen wird, und dann kommen die Fachingenieure, die Bauingenieure und die Haustechnikplaner und deren Ergebnisse werden mitunter in das fertig geplante Haus „hineingezwungen“. Das muss man von Anfang an als gemeinsame Aufgabe sehen und auf Augenhöhe an einem Tisch diskutieren – also gemeinsam entwerfen.
Sie haben ein BIM-Kompetenzzentrum gegründet. Welchen Anteil wird die Digitalisierung in Zukunft haben?
Wenn wir kritisch schauen, wie viel unser Planungsprozess daraus besteht, dass wir verschiedene Lösungen vergleichen und aus diesen die Beste heraussuchen, dann werden uns bis zu 40 Prozent unserer Arbeit in der Zukunft durch die Künstliche Intelligenz (KI) abgenommen werden. Der Kreativprozess, also der Entwurfsprozess, bleibt ein menschlicher. Der Beruf des Architekten ist nicht bedroht durch KI, ganz im Gegenteil, er wird entlastet und damit noch schöner.
Obwohl ein Ende der Trennung von Planung und Ausführung sinnvoll wäre, sind wir davon noch weit entfernt. Was muss passieren, damit sich das ändert?
Da geht die Privatwirtschaft immer voraus. Unsere privaten Bauherren verstehen, dass wir relativ früh konkrete Produkte in unsere Planung einbeziehen. Wenn über 90 Prozent aller Produkte über den Großhandel beschafft werden, weil wir die eineinhalb Jahre von der planerischen Festlegung bis zur Lieferung auf die Baustelle verschlafen, dann sind wir immer dem Preis ausgeliefert. Die öffentliche Hand ist mit ihren Vergabegesetzen noch weit weg davon schneller zu werden, da muss man ansetzen.



Straffere wirtschaftliche Rahmenbedingungen können dazu führen, dass Lösungen innovativer werden. Befinden wir uns daher in einer innovativen Phase der Architektur?
Ja, wir befinden uns mittendrin, weil der Druck von allen Seiten kommt. Wir produzieren heute Wohnfläche zu Preisen, die sich niemand mehr leisten kann. Das könnte man ändern, indem man die Prozesse des 19. Jahrhunderts, entlang derer wir heute immer noch Häuser entwerfen und bauen, ins 21. Jahrhundert bringt. Dann fallen nämlich ganze Teile der Prozesskette weg. Es gibt noch zwei große Bereiche, die ich auch als Beispiele nennen kann, die man mit exakterer Planung vermeiden könnte. Erstes Stichwort Material: Angeliefertes Material muss bis zur letzten Schraube wirklich verbaut werden. Denn wenn Dinge auf die Baustelle bestellt werden, die dann keiner braucht, müssen sie nicht nur bezahlt, sondern auch wieder entsorgt werden, was nochmal Geld kostet. Zweites Beispiel: Viele Baumängel entstehen durch falsche Prozesse oder falsches Timing. Diese zu beheben ist immer teuer.
Wie schätzen Sie die Bedeutung des Sonnenschutzes ein? Ist es schon ein Standard modernen Bauens?
Da ist sehr viel Luft nach oben und zwar von der Gebäudekonfiguration selbst bis hin zu den Technologien, die richtig eingesetzt werden. Manche glauben, dass beschichtete Gläser Sonnenschutz ersetzen könnten. Das halte ich für Unsinn. Das widerspricht den physikalischen Grundregeln. Die Sonne ist eine unerschöpfliche Energiequelle. Darum haben wir auch kein Energieproblem, sondern nur ein Technologieproblem. Die beste Eigenschaft der Sonne ist, dass sie Wärme produziert, und diese müssen wir nutzen und mit entsprechenden baulichen Lösungen reagieren.
Wie ist Sicht-, Hitze- und Sonnenschutz bei Ihnen zu Hause gelöst?
Auf die einzig vernünftige Weise: mit außenliegendem Sonnenschutz.
Haben Sie noch eine Botschaft, die Sie uns mitgeben wollen?
Ja, dass HELLA ein äußerst innovatives Unternehmen und genau am richtigen Weg ist. Und, dass ihr den Weg, durch Gebäudelösungen die Welt ein bisschen besser zu machen, weiterverfolgen sollt. Das ist auch unsere Vision bei ATP.